Bezirk will Relikt aus dem Kalten Krieg kaufen

Der Bezirk Schlatt-Haslen will die Armeeanlage Kästlis, einen Brigadekommando-Bunker aus den 1960er-Jahren, für 40'000 Franken kaufen. Die Bezirksgemeinde vom 7. Mai in Schlatt entscheidet auch über einen Antrag zur Kürzung von Entschädigungen an die Bezirksschützen. Darüber wurde an der Orientierungsversammlung vom Donnerstagabend rege diskutiert.

Vom Kommandobunker Kästlis aus sollten im Ernstfall die Kampfposten im Rheintal befehligt werden, wie Bezirksrat Guido Brülisauer erklärte. 2015 lehnte die Bezirksgemeinde den Kauf des Bunkers für 40’000 Franken ab. Damals war noch nicht klar, wie die Anlage genutzt werden könnte. Mit dem Verein Festungsmuseum Heldsberg St. Margrethen (Verein Heldsberg) habe der Bezirk nun einen finanzstarken Partner, der über die nötigen Kenntnisse verfüge, um die Anlage als öffentliches Museum für zehn Jahre zu betreiben mit einer Verlängerungsmöglichkeit um fünf Jahre. Alle Kosten aus dem Museumsbetrieb des Museums, wie Strom und Wasser, gehen zu Lasten des Vereins.

«Bunkergruppe Haslen»
Zur Deckung allfälliger Reparaturkosten oder einer möglichen späteren Totalliquidation der Anlage wird ein Fonds eröffnet. Die Anlage umfasst neben dem Bunker rund 27’500 Quadratmeter Land, vorwiegend Wald und Wiese, eine Remise und eine Trafostation. Vorgesehen ist eine «Bunkergruppe Haslen» zu bilden, die sich zusammen mit dem Verein Heldsberg um die Anlage kümmert. Brülisauer sieht Chancen punkto Tourismus; ausserdem können Räume als Lager vermietet werden. Der Bezirksrat beantragte einstimmig den Kauf der Anlage. Mit dem Kauf werde der Nachwelt ein geschichtsträchtiges Relikt aus dem Kalten Krieg erhalten. Der Kauf der Anlage und der Eintrag im Grundbuch erfolgt erst, wenn die zukünftige Nutzung vom Kanton genehmigt und der Vertrag mit dem Verein Heldsberg unter Dach ist. Wenn der Bezirk die Anlage nicht kauft, schreibt sie die Armee zum freien Verkauf aus – es gebe Fans, die für eine solche Anlage bis zu einer Million bezahlten, sagte Brülisauer.

Teufner wollen nicht nach Innerrhoden
Die Bezirksgemeinde entscheidet über einen Antrag von Bruno Rechsteiner, wonach der Bezirk den Bezirksschützen Schlatt-Haslen Schützen an die Aufwendungen für den Unterhalt und Sanierungen der Schiessanlage Schiessegg Vorderhaslen maximal zehn Prozent der Kosten vergüten soll. Die eingesparten Mittel sollen für andere Zwecke der öffentlichen Hand verwendet werden, beispielsweise für die Wasserversorgung Haslen-Enggenhütten. Guido Brülisauer gab zu bedenken, eine Annahme würde zu einer massiven Kürzung der Geldmittel an die Schützen führen, was längerfristig das Aus für die Schiessanlage Vorderhaslen bedeuten könnte. Die Schützen wären gezwungen, ihre persönlichen Beiträge an den Verein zu erhöhen, die Kosten zu senken oder nach zusätzlichen Kostenträgern zu suchen.

Überregionale Lösung
Bezüglich zusätzlicher Kostenträger verhandle der Bezirksrat seit längerer Zeit mit dem Gemeinderat Teufen. Den Teufner Schützen wird angeboten, ihren Sport in Haslen auszuüben. Die Verhandlungen führten allerdings bisher zu keinem greifbaren Resultat. Die Gemeinde Teufen wäre bereit, die Schützen nach Haslen zu schicken, denn der Schiessstand in Teufen werde nur noch fünf Jahre zur Verfügung stehen. Aber die Teufner Schützen wollten nicht in Innerrhoden schiessen, so Brülisauer. Als gesetzliche Auflage obliege dem Bezirk, den Pflichtschützen das Feldschiessen und das Obligatorische zu ermöglichen, sagte er. Würde der Antrag angenommen, erhielten die Schützen noch bis zu rund 4600 statt bis zu rund 20’000 Franken. 2019 sei das kantonale Schützenfest in Teufen. Der Beitrag unterstehe dem fakultativen Referendum – es bestehe die Möglichkeit, dass die Stimmenden den Beitrag von 120’000 Franken ablehnten – dann sei Teufen Festort und es könne dort nicht geschossen werden, so Brülisauer. Auch Bühler, Gais, Schwende und Brülisau hätten dieselben Probleme. Es müsste eine überregionale Lösung angestrebt werden.

Zehn Stunden «Ballerei»
Bruno Rechsteiner erinnerte an das Innerrhoder Kantonalschützenfest: Da sei täglich von 8 bis 18 Uhr «geballert» worden – ein Höllenlärm. «Wieso muss die Allgemeinheit ein Hobby finanzieren?» fragte er – und: «Wie lange geht der Raubbau des Schiesswesens noch weiter?» Zudem: «Die grössten Fanatiker zahlen keine Steuern, weil sie gar nicht hier wohnen.» Ein Schütze entgegnete, es sei ihnen bewusst, dass sie in Zukunft mehr bezahlen müssen. Der Bezirk habe von den Schützen verlangt, ihre Rechnung vorzulegen, so Brülisauer. Das sei nicht geschehen: «Das schafft Misstrauen.»

Beschwerde abgewiesen
In seinem Jahresbericht stellte Bezirkshauptmann Sepp Neff fest, ein Bürger habe bei der Standeskommission Aufsichtsbeschwerde wegen der Rechnung 2015 erhoben. Seiner Ansicht nach wies diese schwerwiegende Mängel auf; er verlangte, sie müsse im Detail kontrolliert und neu zur Genehmigung vorgelegt werden. Die Standeskommission wies die Beschwerde vollumfänglich ab. In der Sache wurde dem Bezirksrat richtiges und umsichtiges Handeln attestiert. Vor allem die Auslagerung der Rechnungslegung an eine renommierte Fachstelle sei richtig gewesen.

Lohnklage

Speziell sei auch gewesen, dass der Bezirksrat wegen einer Lohnklage vor das Kantonsgericht zitiert worden sei. Bemühungen, die Sache einvernehmlich zu regeln, scheiterten. Erst vor Kantonsgericht konnte ein Vergleich erzielt werden, der nur eingegangen werden musste, weil früher ausgefertigte Arbeitsverträge ungenau erstellt worden waren. Sorgen bereitet dem Bezirksrat die Entwicklung in Haslen. Der Einwohnerbestand hat erneut abgenommen. Trotz neuer Wohnungen zögen junge Hasler weg. Der öffentliche Verkehr weise zu tiefe Frequenzen auf. Samstags und sonntags gebe es gar keinen ÖV mehr und es drohe weiterer Abbau. Die Gaststätten im Dorf seien mehrheitlich geschlossen, so Neff.

«Ein ganz gutes Jahr»
Die Bezirksrechnung 2016 schliesst mit Einnahmen von 0,796 Mio. Fr. und Ausgaben von 0,664 Mio. Fr. mit einem Überschuss von 132’382 Franken, wie Bezirksrätin Regula Wild erläuterte. Finanziell sei 2016 «ein ganz gutes Jahr» gewesen. Aber 2017 werde es grosse Ausgaben in der Wasserversorgung und für Wanderwege geben. Bezirksrat Dominik Brülisauer orientierte über die redimensionierte Planung «Alte Linde». Diese sei durch die Einsprache eines Anwohners blockiert. Neff: «Wir setzen alles daran, dies auf dem Verhandlungsweg zu lösen.» Unter «Anliegen» meldete sich der Sprecher der IG erneuerbare Energie. Sie möchte Solardächer, etwa auf Kirche und Schule. Sepp Neff kündigte an, die IG werde zu Gesprächen eingeladen.

Vermittler-Wahl
Auf die Bezirksgemeinde 2017 hat Vermittler Ernst Rüesch seinen Rücktritt eingereicht. Vom Gewerbevertreter wurde als Nachfolgerin Dorothe Gmünder, die bisherige Stellvertreterin, vorgeschlagen und als neuer Stellvertreter Stefan Neff, Rüedishus. Als weiterer Stellvertreter wurde Walter Rempfler, Enggenhütten, vorgeschlagen. Andere Rücktritte gibt es nicht. Auf die Bezirksgemeinde 2018 sei hingegen mit Rücktritten aus dem Bezirksrat zu rechnen, hiess es. App. Volksfreund – Text: Margrith Widmer / Bild: Vreni Peterer

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