Im Wanderparadies Schlatt–Haslen

Blick Richtung Leimensteig
Blick Richtung Leimensteig

Der Bezirk Schlatt–Haslen will sein umfassendes Wanderwegnetz bekannter machen. In absehbarer Zeit werden mehrere Faltprospekte entstehen, die besonders reizvolle Touren beschreiben. Den Anfang macht der Säntisblick–Rundweg, der am 26. September im Rahmen einer Führung vorgestellt wird.

Wer ans Wandern denkt in Innerrhoden, hat den Alpstein im Visier. Doch das vorgelagerte Hügelgebiet hat auch seinen Reiz. Vor allem in der Übergangszeit, wenn in höheren Lagen Schnee liegt, bieten sich im Bezirk Schlatt–Haslen reizende Rundtouren mit überraschender Aussicht nach allen Seiten. Eine Wanderweg–Arbeitsgruppe um Bezirksrat Guido Brülisauer und Bernhard Gasser hat sich zum Ziel gesetzt, solche Routen bekannter zu machen. Dabei setze man bewusst auf Vorhandenes, erklärt Brülisauer. Über fünfzig Kilometer guter Wege, die teils über Wiesland und Naturstrassen führen, sind digitalisiert und neu beschildert. Sie müssen nur noch aus ihrem Dornröschenschlaf erweckt werden.

Geführte Wanderung
Den Anfang macht die Gruppe am 26. September mit einer geführten Rundwanderung, für die eine reine Marschzeit von knapp zwei Stunden veranschlagt ist. Man trifft sich um 9 Uhr bei der Kirche Schlatt. Unter kundiger Führung geht es zunächst nordwärts durch das Oberholz nach Leimensteig. Ein Teil der Strecke führt über den früheren Säumerweg von Appenzell nach Teufen, der einst als beidseitig ausgezäunte Gasse in Erscheinung trat. Auf dem höchsten Punkt (990 m.ü.M.) erreicht man ein Bildstöckli von 1728, das auf Boden der Liegenschaft Fähnrichs steht.

Wissensvermittlung
Deren Besitzer, Walter Inauen, wird der Wandergruppe Interessantes aus seiner Jugend erzählen. Er ist auf dem «Fendrig» aufgewachsen und weiss wohl, was ein Bergbauerndasein einst bedeutete. Er erinnert sich, wie zur Geburt seiner Schwester ein neuer Stubenwagen die «Gass» hinaufgebuckelt werden musste, weil eine Strasse fehlte. Erst 1960 wurde eine Flurstrasse von Schlatt her bis Leimensteig gebaut, im Folgejahr eine zweite von Haslen bis zum Vorderberg. Für eine Verbindung der beiden Endstücke fehlte das Interesse, weil jeder Hof eine Zufahrt hatte – sehr zum Leidwesen des Tierarztes, der manchmal den Umweg über Haslen nehmen musste, wenn er zwei Nachbarhöfe besuchen musste. Der Bezirk liess am Ende die Lücke schliessen; das war 1963.Interessant zu wissen ist auch, dass die Gegend erst 1964 mit Telefon und erst 1972 mit Rütner Wasser erschlossen wurde. Was es mit dem Bädli auf Leimensteig auf sich hat, bleibt hier ein Geheimnis. Walter Inauen wird es der Wandergruppe aber gern verraten.

Über den Gerstgarten
Die Reise wird fortgesetzt entlang der Leimensteigerstrasse Richtung Saul. Bald öffnet sich der Blick auf Teufen und Bühler, und über Wieswege erreicht man schliesslich das Rüteli als höchsten Punkt des Säntisblick–Rundwegs. Hier baute der Pfarrer und Zimmermann Werner Neff in den 1960er–Jahren eine Andachtsstätte zur Marienverehrung, deren Anblick Uneingeweihte überraschen dürfte. Der Weg über den Gerstgarten ist ein Stück unberührte Natur, wie man es heute selten antrifft.

«Bergpredigt ist zu Ende»
Auf dem Saul wird man mit dem «Energiewirt» Toni Fritsche zusammentreffen. Er hat sich ganz dem Umweltbewusstsein verschrieben, fährt ein Elektromobil und nutzt neben einer Solaranlage das Biogas aus dem hermetisch abgeschlossenen Güllestapel zur Stromproduktion. Da er seine Wiesen nicht überstrapaziert, kommt er mit dreihundert Litern Diesel aus – pro Jahr wohlgemerkt. Sein Kühlschrank hat ein Glasfenster, damit er ihn nicht öffnen muss, nur um festzustellen, dass nicht vorhanden ist, wonach ihn gerade gelüstet. Er macht sich viele Gedanken zu Energiefragen und spricht mit Wanderern gern darüber. Am Ende sage er zu aufmerksamen Zuhörern: «Die Bergpredigt ist zu Ende», erklärte er dem Schreibenden, der die Tour mit Wanderleiter Bernhard Gasser im Vorfeld absolvierte. Nach der «Bergpredigt» führt der Weiterweg ein Stück über die geteerte Strasse westwärts. Dann überquert man erneut Wiesland, um nach Schlatt zurückzukehren. Schöne Ausblicke sind garantiert, sofern das Wetter mitmacht.

Text: App. Volksfreund / Toni Dörig

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